Zeitungsbericht: Kastanie Karl schlägt Wurzeln

Irgendwann, in vielen Jahren, wenn Réka und Lucía mit ihren Kindern oder gar Enkeln durch den Kreuzbergpark gehen, werden sie vor einem großen Kastanienbaum anhalten und stolz sagen: Den haben wir damals gepflanzt. Aber so weit ist es noch nicht, gerade sind sie erst mal zehn beziehungsweise neun Jahre alt und gehen demnächst aufs Carl-von-Ossietzky-Gymnasium. Diesen Baum pflanzten sie jetzt auf der Grünfläche neben der Kreuzbergschule zusammen mit ihren Klassenkameraden von der 4a, die zum Abschluss der Grundschulzeit etwas Besonderes und Bleibendes machen wollte.

Die Kinder haben ihren Baum Karl getauft. Karl die Kastanie ist jetzt, wo er aus der Baumschule raus ist, etwa genauso alt wie die Viertklässler, die im Sommer die Grundschule verlassen. Julia Schäfer und Claudia Naujoks von der Elternvertretung hatten die Idee einer Baumpflanzung im angrenzenden Kreuzbergpark ins Spiel gebracht und konnten die Kinder schnell dafür begeistern. Und so wurde eine Baumspende bei der Stadt beantragt, die für Pflanzungen auf öffentlichen Grünflächen wie dem Park neben der Schule 800 Euro kostet.

Das Geld musste die Klasse natürlich erst mal haben. „Wir sind an einem Tag im Sportunterricht Runden gelaufen“, erzählte Réka. Vorher hatten sie Sponsoren gesucht, die pro Runde einen Geldbetrag spendeten. Insgesamt seien etwa 300 Runden zusammengekommen, berichtete Klassenlehrerin Katja Ullrich bei der Pflanzaktion. „Die waren nicht zu stoppen.“ Dabei kamen rund 1400 Euro zusammen. Vom Restgeld wollen die Kinder ein wenig das nachholen, worauf sie in den letzten zweieinhalb Jahren verzichten mussten – Ausflüge, Eis essen und so weiter.

Denn die jetzigen Viertklässler hatten ja nur ein komplettes normales Schuljahr. „Die erste Klasse“, sagte Réka. Mitten im zweiten Schuljahr war plötzlich die Schule zu, Kontakte waren nicht erlaubt. „Es war schrecklich, wir mussten zu Hause sitzen und konnten nichts machen“, erzählte sie, und Lucía fügte hinzu: „In der dritten Klasse mussten wir die Masken in der Pause anbehalten und durften uns nicht an den Händen fassen.“ Jetzt blickten die beiden auf den gepflanzten Baum. „Ich finde es schön, dass man das jetzt machen kann“, so Réka. „Und jetzt können wir Oma und Opa zeigen: Das ist unser Baum.“

Karl kam in Begleitung von Ute Odenthal, Andreas Weiland und anderen Mitarbeitern des Amtes für Umwelt und Stadtgrün und bekommt noch eine Plakette mit den Namen aller Kinder. Laut Odenthal ist das einer von fünf Bäumen, die in diesem Jahr schon gespendet wurden – die ersten seit drei Jahren. Im Kreuzbergpark sei durchaus noch Platz für zwei weitere junge Bäume.

Karl wird jetzt vier Jahre lang vom Grünflächenamt gepflegt. Und außerdem natürlich von den Kindern. Die buddelten ihn ein, gossen ihn und hatten auch noch Wünsche für ihn vorbereitet: „dass die Menschen immer nett zu dir sind“, dass er groß und stark wird, viele Früchte trägt, Atemluft und Schatten schenkt. Und: „Wir freuen uns darauf, dich zu besuchen und zu sehen, wie du wächst und dich veränderst.“